Bildungsstätte Anne Frank kritisiert TikTok für »Speed-Radikalisierung« junger Menschen

Seit dem Terrorangriff auf Israel wird ein Anstieg antisemitischer Einstellungen beobachtet. Die Bildungsstätte Anne Frank sieht bei jungen Menschen auch TikTok als Ursache für Radikalisierung.

Anne Frank einen Blick auf die Rolle der Plattform TikTok beim Verbreiten antisemitischer Thesen geworfen. Ihr Fazit: TikTok trage besonders zur Radikalisierung junger Menschen bei. Die Bildungsstätte stellte am Montag in Frankfurt am Main einen entsprechenden Report vor.

Hasspredigerinnen und Hassprediger verbreiteten auf der Plattform Antisemitismus und Rassismus, heißt es darin. »Kein anderes soziales Medium versorgt eine so vulnerable Zielgruppe mit derart verstörendem Content – weitgehend ohne Aufsicht«, kritisiert die Bildungsstätte. »Lehrkräfte berichten, wie Schüler*innen plötzlich mit terrorverharmlosenden, israelfeindlichen, antisemitischen und unverrückbaren Positionen zum Nahostkonflikt in die Schule kommen – als hätten sie sich über Nacht radikalisiert.« Ihrer Beobachtung nach trage unter allen sozialen Medien besonders die Videoplattform TikTok zu einer »Speed-Radikalisierung junger Menschen« bei.

In Beiträgen bei TikTok werde in Zweifel gezogen, ob das Massaker am 7. Oktober überhaupt stattgefunden habe, oder es werde der israelischen Regierung zugeschrieben. KI-generierte Bilder vermeintlich getöteter palästinensischer Kinder würden millionenfach geteilt, um antisemitische Motive zu bedienen.

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»Reichweitenstarke Influencer*innen, die sonst Lifestyle-Inhalte oder Schminktipps teilen, verbreiten plötzlich einseitig verkürzte und klar tendenziöse Darstellungen des Nahostkonflikts und emotionalisieren so ihre überwiegend sehr junge und wenig vorinformierte Follower*innenschaft«, schreibt die Organisation. »Es ist ein Krieg der Bilder und Behauptungen, in dem sich Einzelpersonen kaum zurechtfinden können.«

TikTok müsse als Plattform der politischen Meinungsbildung ernst genommen werden. Eva Berendsen von der Bildungsstätte forderte die Politik auf, dringend die hinter sozialen Plattformen stehenden Konzerne in die Pflicht zu nehmen, um wirkungsvoll und konsequent gegen antisemitische und rassistische Hassrede, Desinformation und Verschwörungserzählungen vorzugehen. Zugleich müsse konsequent in digitale Bildung investiert werden und die Präsenz »digitaler Streetworker« ausgebaut werden.

Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen ein beispielloses Massaker in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt. Es war Auslöser des Gazakriegs