Soziologin zu Buschmanns Plänen: Verantwortungsgemeinschaft ist eine „verpasste Chance“

Soziologin zu Buschmanns Plänen: Verantwortungsgemeinschaft ist eine „verpasste Chance“

© dpa/Frank Leonhardt

Soziologin zu Buschmanns Plänen: Verantwortungsgemeinschaft ist eine „verpasste Chance“

Die vom Bundesjustizminister vorgestellte Alternative zur Ehe trifft bei der Soziologin Andrea Newerla auf Kritik. Es fehlten unter anderem Regeln zur Kinderbetreuung und zu Steuervorteilen.

Die Soziologin Andrea Newerla sieht in den Plänen für die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft eine „verpasste Chance“. Ihr fehle dabei die Möglichkeit, Verantwortlichkeiten neben der Ehe „breiter zu verteilen“, sagte die promovierte Soziologin und Autorin am Dienstag dem Radiosender WDR 5.

Sie kritisierte, dass die von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgestellten Eckpunkte keine Regelungen etwa für gemeinsame Kinderbetreuung, Erbe oder Steuervorteile enthielten. Die Gesellschaft sei seit Jahrzehnten im Umbruch. „Die Ehe hält statistisch nur noch vierzehneinhalb Jahre. Wir brauchen Alternativen für dieses Konzept“, betonte Newerla.

Mit der Verantwortungsgemeinschaft will die Bundesregierung außerhalb von Ehe und Verwandtschaftsbeziehungen rechtlich verbindliche Fürsorgemöglichkeiten schaffen. Justizminister Buschmann plant dafür ein Stufenmodell.

Dabei können etwa Regeln für die Auswahl eines rechtlichen Betreuers oder Organspende sowie weitere Rechte rund um die Bereiche Zusammenleben, Gesundheit, Pflege und Vermögen festgeschrieben werden. Bis zu sechs Volljährige sollen sich zu einer solchen Verantwortungsgemeinschaft zusammenschließen können.

Soziologin zu Buschmanns Plänen: Verantwortungsgemeinschaft ist eine „verpasste Chance“

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte Regelungen zur sogenannten Verantwortungsgemeinschaft vorgestellt.

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Buschmann sagte dem Radiosender: „Wir wollen hier etwas ganz anderes machen als die Ehe.“ Die neue Rechtsform solle einen niedrigschwelligen Zugang dazu schaffen, Verantwortung füreinander zu übernehmen – auch wenn es um unangenehme Themen wie Tod und Krankheit gehe. Er denke dabei etwa an Menschen, die sich im Alter gegenseitig helfen, sagte der Minister. „Die Leute, die jetzt beispielsweise eine Alten-WG gründen, denen geht es ja darum, dass sie sich im täglichen Leben so helfen können, dass sie möglichst lange selbstständig in einer eigenen Wohnung leben können.“

Zudem wolle er Missbrauch vermeiden, etwa, dass Menschen die neue Rechtsform nutzten, um Steuern zu sparen oder sich einen Aufenthaltstitel zu besorgen, betonte Buschmann. Deshalb habe man sich für schlankere Regeln entschieden und diese Bereiche ausgespart.

Newerla forderte hingegen weitreichendere Möglichkeiten für Menschen, die sich gegenseitig absichern wollen. Es gehe ihr nicht nur um Auskunftsrechte im Krankheitsfall, sondern auch um finanzielle Absicherung. „Es geht darum, auch zum Beispiel Kinderbetreuungsrechte anders aufzuteilen, neu aufzuteilen.“

Sie denke dabei etwa an Paare, die ihre Kinder nicht nur im Rahmen der Kleinfamilie großziehen wollen, sondern gemeinsam mit Freundinnen und Freunden. Hier hätten frühere Vorschläge und auch die Planungen aus dem Koalitionsvertrag mehr Spielraum gegeben, kritisierte die Soziologin. (epd)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de