Stabübergabe: Die Art Genève gewinnt durch neue Formate mehr Profil

Stabübergabe: Die Art Genève gewinnt durch neue Formate mehr Profil

© Julien Gremaud

Stabübergabe: Die Art Genève gewinnt durch neue Formate mehr Profil

Der Skandal um Ex-Direktor Thomas Hug kann die Messe nicht erschüttern. Die 12. Ausgabe unter anderer Führung setzte auf herausragende Einzelwerke.

Von Alexandra Wach

Es ist ihr großer Auftritt in der geräumigen Halle des Genfer Messegeländes Palexpo geworden. Vergangenen Sommer stieg Charlotte Diwan zur Direktorin der seit elf Jahren wachsenden Artgenève auf. Zuvor war sie Leiterin für Kommunikation, Partnerschaften und VIP-Beziehungen. Die 31-Jährige folgte damit Thomas Hug, unter dessen Ägide der Salon Ende Januar seine Nische im Messekalender gefunden hat. Das neben Hochrangigem von gefälliger Malerei und wenig aneckenden Experimenten dominierte Angebot erreicht selten Millionenbeträge, die durchschnittliche Preisspanne bewegt sich um die 50.000 Euro.            

Viel ist über die Gründe von Hugs Entlassung im Juli 2023 spekuliert worden, ohne dass Konkretes nach außen sickerte. Diwan ließ sich von der Situation nicht beirren. Sie setzt auf Kontinuität und behutsame Neujustierungen, etwa das Format „Sur-mesure“, das ähnlich der Sektion „Art Unlimited“ auf der Art Basel Werke versammelt, die wegen ihrer Größe die Ausmaße eines Stands sprengen würden. Die hier sogleich ins Auge springende Skulptur von Joana Vasconcelos hat die Form eines monumentalen Oktopus. „Walküre Mumbet“ ist mit Stickereien und Häkelarbeiten aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien verziert und wird in einer Breite von 16 Metern von der Genfer Galerie Gowen für 1,5 Millionen Euro angeboten. 

Spektakuläre Installationen sind gerade auch im Genfer Museum für Kunst und Geschichte zu besichtigen. Wim Delvoye stellt hier auf seine bewährt ikonoklastische Art die hochkarätigen Sammlungen der Institution auf den Kopf. Auf der Messe bietet Perrotin eine seiner Skulpturen an, eine vergoldete Bronze für 220 000 Euro. Zu den diesmal 67 Ausstellern, 2022 waren es noch 90, gesellen sich 13 in dem neuen Segment „Solo Show“, das sich der Präsentation einer einzigen Position widmet, flankiert von einer Auswahl an Institutionen wie etwa der Fondation Thalie oder der Boros Collection.                                                     

Neben Thomas Ruff bei der Zürcher Galerie Mai 36, die Arbeiten von 30 000 bis 45.000 Euro im Gepäck hat, gehört zu den Solistinnen die 1988 geborene russische Künstlerin Zhenya Machevna bei der Pariser Galerie Georges-Philippe und Nathalie Vallois. Im Zuge des Überfalls auf die Ukraine zog sie nach Frankreich. Ihre Spezialität sind Wandteppiche, die sie auf ihren eigenen Webstühlen herstellt. Ihre Motive sind brach liegende Industrielandschaften, gepaart mit Geometrie und Farbkontrasten. Zhenyas Arbeiten wurden 2022 auf der Biennale von Venedig ausgestellt. Die Preise bewegen sich zwischen 8000 und 50.000 Euro.                                     

Gegen Thomas Hug wird ermittelt

Eine Bereicherung ist auch der Auftritt des französische Verlags Cahiers d’art. An dem Stand schmilzt eine „Schneemann“-Skulptur von Philippe Parreno pittoresk vor sich hin, konzeptuelle Anweisungen ermöglichen für 40 000 Euro den Nachbau. Diwans Ziel eines reibungslosen Übergangs ist gelungen. Und auch ihr Ausblick in die Zukunft ist vielversprechend: „Längerfristig besteht das Ziel darin, den Ruf der Messe international weiterzuentwickeln. All dies bereiten wir bereits für das Jahr 2025 vor, beispielsweise die Einladung neuer Institutionen. Unser Ziel ist ein immer solideres Programm, loyal unserern Ausstellern gegenüber und gleichzeitig innovativ.“

Und doch hängt ein Schatten über der gleich während der Vernissage mit Verkäufen nicht geizenden Veranstaltung. Knapp eine Woche vor Start enthüllte die Schweizer Wirtschaftszeitschrift Bilan, dass gegen Hug von den Messe-Organisatoren eine Anzeige wegen Betrugs, unfairer Geschäftsführung und Diebstahl eingereicht wurde. Er hatte zunächst verlauten lassen, dass er seinen Posten aufgibt. Tatsächlich wurde er gefeuert. Für die Genfer Kunstszene ist das ein Schock.                                                          

Gleichzeitig konterte Hug die Vorwürfe mit der Ankündigung eines neuen Art Salon im luxuriösen Gstaad. Die Messe soll bereits Mitte Februar aus 20 Teilnehmern bestehen, darunter so gewichtige Galerien wie Perrotin oder White Cube. In dem von Genf zwei Autostunden entfernten Skiort sind bereits Großgalerien wie Gagosian oder Hauser & Wirth vertreten.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de