Unruhige Zeiten : Die Art Rotterdam feiert ihr Jubiläum

Unruhige Zeiten : Die Art Rotterdam feiert ihr Jubiläum

© Almichael Fraay

Unruhige Zeiten : Die Art Rotterdam feiert ihr Jubiläum

Für die Kunstmesse besteht nach 25 Jahren nicht bloß Kunst zur Freude. Der politische Rechtsrucks in den Niederlanden gibt auch Anlass zu Zukunftssorgen.

Von

  • Nicole Büsing
  • Heiko Klaas

Eigentlich ist ein 25-jähriges Jubiläum ein Grund zum Feiern. Doch ungetrübte Freude kommt bei den Verantwortlichen der Art Rotterdam nicht auf. Denn die wichtigste Kunstmesse der Niederlande findet zum letzten Mal in den atmosphärischen Hallen der denkmalgeschützten Van Nelle Fabrik statt. Der 2014 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Komplex wurde in den 1920er Jahren von dem niederländischen Architekten Cees van der Leeuw nach amerikanischen Vorbildern errichtet.

Die Messe muss umziehen

Seit 2014 war er Austragungsort der Messe. Mit seiner von viel Glas geprägten Architektur bot er das ideale Umfeld für eine Kunstmesse, die vornehmlich Arbeiten jüngerer Künstler präsentiert. Eine gewisse industrielle „Roughness“ verlieh der Messe aber auch noch die nötige Prise Subversivität. Nun heißt es Abschied nehmen. Die Eigentümer der Fabrik begründen die Kündigung damit, dass sie die große Halle, in welcher der Mondriaan Fund während der Messe Werke junger Künstler präsentiert, künftig für eigene Zwecke benötigen. Da die Ausstellung „Prospects“ jedoch Bestandteil der Art Rotterdam ist, sah sich Direktor Fons Hof gezwungen, einen anderen Ort für die Messe zu suchen.

Ab 2025 findet sie im Ahoy statt, einem Zentrum für Sportveranstaltungen, Konzerte und Kongresse. Hof bedauert den Umzug, sieht jedoch auch Vorteile: „Wir können auf einer Fläche von 14.000 Quadratmetern wachsen. Die hinzugewonnene Fläche können wir für zusätzliches Catering und eine Wiedereinführung der kuratierten Sektionen der Art Rotterdam nutzen. Neben der „Prospects“-Ausstellung werden wir eine eigene Abteilung für Videokunst einrichten.“

Figurative Malerei ist überall

Wie in den vergangenen Jahren dominiert auf der aktuellen Art Rotterdam das Medium Malerei, viele der Aussteller geben figurativen Positionen den Vorzug. Auf Resonanz stoßen etwa die Gemälde der jungen belgischen Künstlerin Louise Delanghe, Jahrgang 1994. Am Stand der Antwerpener Pizza Gallery zeigt sie unter anderem Andy-Warhol-Porträts und von kunsthistorischen Vorbildern wie William Adolphe Bouguereau und Kasimir Malewitsch inspirierte, farbenfrohe und etwas schrägen Darstellungen junger Bäuerinnen in folkloristischen Kostümen (1400-4800 Euro).

90 Galerien, überwiegend aus den Niederlanden und Belgien, sind nach Rotterdam gereist. Vereinzelt trifft man aber auch auf deutsche Teilnehmer. Bereits zum neunten Mal nimmt die Leipziger Galerie ASPN an der Messe teil. Galerie-Managerin Laura Gerstmann: „Die Art Rotterdam lohnt sich für uns. Wir haben gute Kontakte in den niederländischen Markt aufgebaut. Die lässige Art, schnell ins Gespräch zu kommen, wissen wir zu schätzen.“

Zwei Galerien aus Berlin

Am Stand präsentiert die Galerie drei Positionen: mit Johannes Daniel und Anaïs Goupy zwei Absolventen der HGB Leipzig sowie mit Jochen Mühlenbrink einen Düsseldorfer Künstler, der bereits in etlichen niederländischen Sammlungen vertreten ist (4000-10.000 Euro). Aus Berlin zum ersten Mal angereist ist Gilla Loercher. Die komplexen, abstrakten Kompositionen des niederländischen Malers Ab van Hanegem kombiniert sie an ihrem Stand in einen Dialog mit den labyrinthartigen Tuschezeichnungen des Leiko-Ikemura-Schülers Christian Pilz (2300-16.400 Euro). Ebenfalls aus Berlin kommt der Migrant Bird Space. Galeristin Lu Mei hat intime Porträts junger Chinesen in elaborierter Schnappschuss-Ästhetik der 1984 geborenen Fotografin Luo Yang dabei (1800-5000 Euro).

Attraktive Einsteigerpreise

Einen großen Auftritt hat auch der Amsterdamer Galerist Ron Mandos, der ebenfalls sein 25. Jubiläum feiert. Er hat den größten Stand der Messe, exklusiv entworfen von dem Designer Tom Postma. Auf rostroten und steingrauen Wänden präsentiert Mandos nicht etwa seine hochpreisigen Stammkünstler wie Isaac Julien und Hans Op de Beeck, sondern 25 prämierte Absolventen niederländischer Kunsthochschulen mit Arbeiten werden zu attraktiven Einsteigerpreisen ab 590 Euro. 

Unruhige Zeiten : Die Art Rotterdam feiert ihr Jubiläum

Besucherin an einer akustischen Station auf der Art Rotterdam.

© Almicheal Fraay

Noch verfügen die Niederlande über ein vorbildliches Fördersystem für junge internationale Künstler. Eelco van der Lingen, der Direktor des Mondriaan Fund, gibt sich aber besorgt. „Wir durchleben derzeit schwierige Zeiten“, sagt er. „Das politische Klima ist kein Umfeld, das große Freude bereitet. Junge Künstler geben uns Hoffnung, Energie, neue Ideen und helfen uns, uns weiterzuentwickeln. Es ist klar, wie wichtig diese jungen Künstler sind, und welchen Wert sie Veranstaltungen wie der Art Rotterdam verleihen.“ Noch wird seine Organisation mit Regierungsgeldern gefördert. Doch angesichts des deutlichen Rechtsrucks nach der Wahl vom November 2023 ist die Zukunft ungewiss.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de