Deutsches Symphonie-Orchester: Viele Wege führen zum Applaus

Deutsches Symphonie-Orchester: Viele Wege führen zum Applaus

© Jessica Schaefer

Deutsches Symphonie-Orchester: Viele Wege führen zum Applaus

Die Dirigentin Ruth Reinhardt und der Pianist Daniil Trifonov präsentieren mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin einen höchst abwechslungsreichen Konzertabend.

Von Tye Maurice Thomas

Ein überaus originelles Programm erwartet das Publikum am Samstag in der Philharmonie. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von Ruth Reinhardt kombiniert gleich zwei zeitgenössische Werke von hierzulande unbekannten Komponist:innen mit der selten zu hörenden 5. Sinfonie von Antonín Dvořák.

Gemäss dem Motto des DSO, in jedem Konzert dieser Saison ein Werk einer Komponistin aufzuführen, beginnt es mit „Om fotspår och ljus“ („Fußabdrücke und Licht“) von Lotta Wennäkoski. Das Stück ist sicher nicht „schön“ im üblichen Sinne, aber interessant, in klare Formteile gegliedert, in denen jeweils ein gleichmässiger Puls das Geschehen trägt. Die in ihrer finnischen Heimat als „musikalische Lyrikerin“ geschätzte Wennäkoski erschafft eine Klanglandschaft voll assoziationsreicher Poesie.

Daniil Trifonov spielt Effektvolles

Das Werk beginnt mit dem Geklapper von Schuhen – Sinnbild eines Spaziergangs durch Helsinki, wo das Werk 2019 entstand. Zeternde Motivfetzen vereinigen sich zu sanften Streicherakkorden, das Pochen des sparsam eingesetzten Schlagwerks erinnert an Wassertropfen bei der Schneeschmelze. Die anwesende Komponistin nimmt strahlend den freundlichen Beifall entgegen.

Die spröde Atonalität Wennäkoskis steht in scharfem Kontrast zum stets tonalen Klavierkonzert d-moll von Mason Bates, das seine deutsche Erstaufführung erlebt. Mangels staatlicher Subventionen muss in den USA eine Neukomposition vor allem dem Publikum gefallen, und das ist hier garantiert. Was ihm an harmonischem Reichtum oder im Gedächtnis bleibenden Melodien fehlt, gleicht es durch effektvolle Virtuosität und packende Rhythmik aus.

Ein echtes Showstück, das romantische Schwelgerei, Filmmusik und jazzigen Minimalismus vereint. Es kommt auch beim Berliner Publikum sehr gut an, dürfte aber kaum über den Moment hinaus nachwirken. Daniil Trifonov, der es 2022 mit dem Philadelphia Orchestra uraufgeführt hat, spielt auswendig, mit großem Ernst und Hingabe. Nach soviel lautem Klangspektakel wirkt seine Zugabe „Reflets dans l’eau“ von Debussy umso ätherischer.

Ruth Reinhardt fällt besonders in den ersten beiden, stark rhythmisch geprägten Werken durch klares Dirigat mit präzisen Einsätzen auf, zur Aufführung zeitgenössischer Musik unerlässlich. Ihre Tempostrenge und Gestik lässt die nach der Pause erklingende 5. Sinfonie von Antonín Dvořák jedoch gehetzt und kleinteilig klingen. Streicherfiguren wirken oft an der Grenze des Spielbaren, es fehlt an Atem und Weite. Der weit gespannte Bogen des begnadeten Melodikers Dvořák bleibt aus. Lediglich im dritten Satz, einem rustikal-tänzerischen Scherzo, finden Orchester und Dirigentin zu einem entspannteren Puls.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de