Organische Formen, skandinavischer Pragmatismus, Berliner Clubkultur: Sia Arnika vereint Kontraste

Organische Formen, skandinavischer Pragmatismus, Berliner Clubkultur: Sia Arnika vereint Kontraste

© Caroline Kynast for BFW

Organische Formen, skandinavischer Pragmatismus, Berliner Clubkultur: Sia Arnika vereint Kontraste

Erst vor drei Jahren gründete Sia Arnika ihr gleichnamiges Label. Von Beginn an zählte sie zu denjenigen, die der Berliner Fashion Week Hoffnung geben.

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Es ist schwer, sie zu erreichen, die wohl aufregendste Designerin, der aktuellen Modewoche. Ein geplantes Treffen wurde zunächst ins Internet, dann zwei Stunden nach hinten verschoben. Sia Arnika hat viel zu tun, seit zwei Monaten arbeitet täglich rund zwölf Stunden, erzählt sie, als man sie endlich erreicht.

Ein Großteil der Kleidung, die Schnittmuster und Drapierungen, produziert sie in ihrem Kreuzberger Atelier, in Handarbeit: „Es ist oft leichter, eine Idee selbst umzusetzen, als sie jemandem zu erklären“, lautet die Begründung. Außerdem manipuliere sie viele ihre Stoffe beziehungsweise arbeite mit komplizierten Materialien wie Neopren oder Schaumstoff, da sehe und fühle sie das Ergebnis gerne persönlich.

Unterstützt wird die 35-Jährige von einem fünfköpfigen Team. Noch scheint das zu funktionieren. Aber wenn ihr Label in derselben Geschwindigkeit an Popularität gewinnt wie bisher, könnte das schon bald den Rahmen sprengen. Erst seit knapp drei Jahren ist Arnika selbständig. Die Gründung ihres Labels, das ihren Namen trägt, sei eines dieser „Corona-Projekte“ gewesen: „Zuvor habe ich lange für andere Labels gearbeitet, während der Pandemie dachte ich dann, ich arbeite sowieso viel, warum mache ich das nicht einfach für mich?“

Eine weise Entscheidung, die sich auszahlt. Ihre Mode wird in einschlägigen Online-Läden des globalen Luxussegments vertrieben. An den Erfolg könne sie sich gewöhnen, sagt sie, auch wenn die Arbeit von Jahr zu Jahr mehr werde. Für die Fashion Week wurde sie von Uber gefragt, ob sie Folien für die Autos entwerfen könne, die internationale Gäste herumfahren. Heute sei das eine Nebensache, sagt die Designerin. Sie wolle aber nicht überheblich klingen und freue sich natürlich über den Zuspruch.  

Kopenhagen ist schön, Berlin neu

Dass die gebürtige Dänin in Berlin tätig ist, liegt an glücklichen Fügungen und einem Missverständnis: Ihr langjähriger Arbeitgeber, das Berliner Label Ottolinger, war nie Teil der hiesigen Modewoche. Und auch Arnika verordnet sich eher international. Sie hätte sich nicht vorstellen können, in Berlin zu zeigen, sagt sie. Als es dann aber hieß, die deutsche Fashion Week wandere nach Frankfurt ab, sah sie ihre Chance, Teil eines Neuanfangs zu sein. Den Umstand, dass Frankfurt ein einmaliger Ausflug war, scheint sie nicht mitbekommen zu haben.

Organische Formen, skandinavischer Pragmatismus, Berliner Clubkultur: Sia Arnika vereint Kontraste

Hinter den Kulissen der SS24 Sia Arnika-Show

© Caroline Kynast for BFW

Vor zwölf Jahren ist Arnika für ein Modestudium an der privaten Universität Esmod von Kopenhagen nach Berlin gezogen, ohne zu wissen, was sie erwarten würde: „Zur Aufnahmeprüfung war ich das erste Mal hier und habe mich in die Stadt und einen Mann verliebt – ich bin geblieben.“ 

Und was liebt sie an der Stadt, die im Gegensatz zu Kopenhagen nicht unbedingt mit Mode in Verbindung gebracht wird? „Kopenhagen ist schön, aber auf eine Art gestellt. Es gibt zwar eine kleine Untergrund-Szene, aber ich hatte das Gefühl, ich brauche etwas Neues, etwas, was ich noch nicht kenne“.

Stummfilme, Spiritualität und Superstars

Für ihre aktuellen Entwürfe ließ sich Arnika von einer Person inspirieren, deren Lebensweg ihrem ähnlich sei, verrät sie und schiebt schnell nach, dass das wohl wahnsinnig abgedroschen klinge: Im Mittelpunkt der Kollektion stehe eine spirituelle Frau, die wie eine Göttin verehrt werde. Die Figur sei eine fiktive Schöpfung, inspiriert von der dänischen Schauspielerin Asta Nielsen – dem ersten Star der Berliner Stummfilmzeit. Die Kollektion basiere auf einer Reihe von Referenzen aus ihren verschiedenen Rollen, vom androgynen „Hamlet“ bis zum verführerischen „The Abyss“, und erforscht die Kraft der Transformation durch Kleidung und Stoffe.

Sie selbst ist in einem Haushalt voller Klangschalen und Kristalle im Nordwesten Jütlands aufgewachsen. Im Kontrast dazu stand ihre Begeisterung für die amerikanischen Superstars der Nullerjahre. Diese Mischung, aus dem sogenannten Y2K-Style, organischen Formen, skandinavischem Pragmatismus und Berliner Clubkultur, definiert ihre Ästhetik – eine Ästhetik, die den Zeitgeist trifft.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de